Marionetten der Band „Revolverheld“, Foto: Bildarchiv Peter Beyer
Das Städtische Museum zeigt vom 27. November bis 12. Februar 2017 im Altstadtrathaus eine Ausstellung zur Marionettenspielkunst in Braunschweig. Die Schau „Ägyptische Komödie. Marionettentheater von Harro Siegel“ erzählt die Geschichte von Harro Siegel (geboren 24. Januar 1900 in Kassel, gestorben 6. Dezember 1985 in Göttingen), der von 1947 bis 1964 in Braunschweig an der späteren HBK Puppenspiel lehrte. Er gehörte zu den Künstlern, die nachhaltig das gängige, von Theodor Storm in „Pole Poppenspäler“ beschriebene Bild des fahrenden Marionettentheaters aufbrachen, und dem modernen Marionettenspiel des 20. Jahrhunderts den Weg bereiteten. Die Ausstellung wurde kuratiert von Heidemarie Anderlik in Kooperation mit dem Theater Fadenschein in Braunschweig und dem Marionettenbauer Peter Beyer aus Kiel.
Zum Repertoire des „Marionettentheaters Harro Siegel“ gehörten neben den Klassikern wie die Geschichte von „Doktor Faust“, auch die Dichtungen „Submarines Ballett“ und „Böhmische Schneider“ des Hörspielautors Günter Eich sowie „Doppelkopf“ von Wilhelm Scholz. Zum Spielplan gehörte ebenfalls die ägyptische Komödie „Ti und Hapschisut“ von Richard Seewald.
Harro Siegel verließ 1964 Braunschweig. Die Marionetten der Faust-Aufführung ließ er als „Erkenntlichkeit“ für die langjährige Unterstützung der Stadt im Städtischen Museum zurück. Auf Wunsch Siegels wurden die Marionetten der Faust-Inszenierung 1967 gegen die „Ägypter“ eingetauscht. Das Ensemble um „Doktor Faust“ ging an das Marionettentheater in Stockholm.
Siegels Anspruch an das Puppenspiel war das „Theater der Form“ oder die „Kunst der selbstbewussten Illusion“. Zahlreiche Gastspiele führten ihn und seine Studenten durch die Welt bis nach New York. 1957 organisierte Siegel die erste Puppenspielwoche in Braunschweig, ein internationales Treffen von Künstlern aus Ost und West.
Neben den eigenen Figuren präsentiert die Ausstellung Marionetten nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Ausland. So kehrt die Figur des Dr. Faust aus Stockholm nach Braunschweig zurück. Der Besucher sieht außerdem in die großen blauen Augen der Prinzessin „Elisabeth“, trifft den weiß befiederten Teufel oder begegnet einem waschechten Tiroler, der eigens vom Münchner Oktoberfest angereist ist.
Auch alte und neue Bekannte aus TV und Internet haben es sich nicht nehmen lassen, bei der Ausstellung mitzuwirken. Einmal nicht hinter der „Mattscheibe“ zu sehen sind die Original-Marionetten Vater Spejbl und sein Sohn Hurvínek vom „Sandmännchen“. Sie gehören dem Kieler Marionettenbauer Peter Beyer. In seinem Eigentum befinden sich auch richtige Internetstars. Revolverheld, eine der wohl bekanntesten deutschen Bands, benötigte für ihr Musikvideo zu „Lass uns gehen“ passende Marionetten, die die einzelnen Bandmitglieder darstellen sollten. Beyer hat die Marionetten entworfen, gebaut und ebenfalls mit nach Braunschweig gebracht. So kann der Besucher den Sänger Johannes Strate und den Rest der Jungs auf ihrer Originalbühne aus dem Video erleben.