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Regionale Konjunktur beständig auf solidem Niveau

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»Keine schlechte Nachricht ist manchmal auch eine gute Nachricht: Die VW-Abgasaffäre beeinflusst zwar das regionale Konjunkturgeschehen, hat aber bisher noch keine breiten Bremsspuren hinterlassen«, sagt IHK-Konjunkturexperte Berndt von Conradi. Foto: IHK

»Keine schlechte Nachricht ist manchmal auch eine gute Nachricht: Die VW-Abgasaffäre beeinflusst zwar das regionale Konjunkturgeschehen, hat aber bisher noch keine breiten Bremsspuren hinterlassen«, sagt IHK-Konjunkturexperte Berndt von Conradi. Foto: IHK

Die konjunkturelle Lage der Unternehmen im Braunschweiger Wirtschaftsraum ist alles in allem nach wie vor stabil. Allerdings fällt die wirtschaftliche Dynamik derzeit verhalten aus. Zudem sind am Konjunkturhimmel mittlerweile einige Wolken aufgezogen, die nicht zuletzt auf die VW-Abgasaffäre zurückgehen. Gleichwohl lässt sich dort immer noch mehr Licht als Schatten erkennen. Dies ergibt sich aus der jüngsten Umfrage der IHK Braunschweig zum Konjunkturverlauf im ersten Quartal 2016. Der von der IHK ermittelte Konjunkturklimaindikator, der als Stimmungswert sowohl die aktuelle geschäftliche Lage der Unternehmen als auch ihre Geschäftserwartungen abbildet, konnte sogar nochmals einen leichten Anstieg um einen Punkt auf einen Wert von 106 verzeichnen, womit er den höchsten Stand seit Mitte 2014 erreichte. Ursächlich für den aktuellen Indikatoranstieg sind in erster Linie die verbesserten Geschäftserwartungen für die kommenden Monate. Hingegen sind die Rückmeldungen der heimischen Unternehmen zu ihrer geschäftlichen Lage im laufenden Frühjahr verglichen mit dem Vorquartal wieder etwas schlechter ausgefallen.

Dennoch zeigt sich die Mehrheit der Unternehmen mit ihrer laufenden Geschäftstätigkeit zufrieden. Aktuell beurteilen 28 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut. 53 Prozent sehen sie zumindest als befriedigend an. Mit 19 Prozent bewertet ein knappes Fünftel der Unternehmen seine momentane Situation als schlecht. Am besten laufen die Geschäfte nach wie vor im Dienstleistungssektor (Saldo guter und schlechter Lagebewertungen: +43). Auch das Kreditgewerbe (Saldo: +21) zeigt sich mit aktuellen Geschäftsverlauf zufrieden. Hier überwiegen ebenso wie in der Industrie (+13) die positiven Lageeinschätzungen. Schwächer fällt die wirtschaftliche Dynamik hingegen im Großhandel aus (-2). Im Einzelhandel überwiegen die Negativmeldungen sogar sehr deutlich (-35). Auffällig ist, dass alle erwähnten Wirtschaftsbereiche mit Ausnahme der Industrie ihre Geschäftslage derzeit erkennbar schlechter einschätzen als noch zur zurückliegenden Jahreswende. Angesichts grundsätzlich günstiger Rahmenbedingungen wie der exportfördernden Euro-Schwäche, dem immer noch verhältnismäßig geringen Ölpreis, den niedrigen Zinsen, dem hohen Beschäftigungsstand, den niedrigen Inflationsraten und der passablen Konsumneigung muss dieser Negativtrend mit Sorge betrachtet werden. Die Rückmeldungen der befragten Unternehmen legen nahe, dass sowohl ungünstige wirtschaftspolitische Vorgaben als auch die für unseren Wirtschaftsraum besonders prekäre VW-Abgasaffäre auf die wirtschaftliche Dynamik durchschlagen.

Trotz Abschwächung der laufenden Geschäfte blicken die regionalen Unternehmen wieder etwas zuversichtlicher auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten. So scheint mit dem Abebben des Flüchtlingsstroms nach Deutschland auch die Wahrnehmung der übrigen krisenhaften Entwicklungen in Europa und der Welt etwas nachgelassen zu haben. Erstmals seit Mitte des vorletzten Jahres glaubt wieder eine Mehrheit der befragten Wirtschaftskapitäne an eine günstige Geschäftsentwicklung. So erwarten 29 Prozent der Unternehmen binnen Jahresfrist eine geschäftliche Aufhellung. 45 Prozent gehen immerhin von einem gleichbleibenden Geschäftsverlauf aus. 26 Prozent rechnen hingegen mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Auch wenn die positiven Rückmeldungen aktuell leicht überwiegen, muss festgehalten werden, dass die regionale Wirtschaft bei ihrer Vorausschau von durchgreifendem Optimismus noch weit entfernt ist. Sorgen bereitet den Unternehmen derzeit insbesondere die innere Erosion Europas und der drohende Brexit sowie die VW-Abgasaffäre, deren wirtschaftliche Folgen noch immer nicht absehbar sind. Zudem herrscht der Eindruck vor, dass sich die in den letzten Jahren immer zahlreicher gewordenen politischen und ökonomischen Problemfelder (wie Euro-Staatsschuldenkrise, Geldschwemme im Euro-Raum, unerledigte Strukturreformen in großen EU-Staaten, Flüchtlingsbewegungen, das angespannte Verhältnis zu Russland, kriegerische Auseinandersetzungen im Nahen Osten, Wachstumsknick in China, Terrorgefahr) jederzeit wieder zu akuten Krisen auswachsen können.

Vor dem Hintergrund der zwar leicht verbesserten, aber immer noch von vielen Unwägbarkeiten gekennzeichneten Geschäftsaussichten bleibt die Investitionsneigung der regionalen Unternehmen weiterhin von Vorsicht geprägt, aber stabil. Ähnlich wie bereits im Vorquartal wollen 27 Prozent der Unternehmen ihre Investitionspläne in den nächsten Monaten ausweiten. Dagegen planen nur 16 Prozent der Betriebe mit einer Kürzung ihres Investitionsbudgets. Allerdings ist anzumerken, dass die meisten inländischen Investitionen lediglich der Beschaffung von Ersatzbedarf und der Rationalisierung dienen. Die auf Wachstum ausgerichteten Investitionen zur Kapazitätserweiterung oder zur Produktinnovation stehen dahinter erkennbar zurück. Merklich defensiver als die Investitionsplanungen gehen die heimischen Unternehmen ihre Beschäftigungsplanungen an. Fast ein Drittel der Betriebe erwartet in den kommenden zwölf Monaten eine Reduzierung seines Personalbestandes. Dem stehen lediglich 16 Prozent der Unternehmen gegenüber, die an eine Ausweitung ihres Arbeitsplatzangebotes denken. Gut die Hälfte der Betriebe geht von unveränderten Mitarbeiterzahlen aus.

»Bemerkenswert positive Rückmeldungen aus der Industrie«

Die Industrieunternehmen des Braunschweiger Wirtschaftsraumes zeigen sich mit dem Konjunkturverlauf im ersten Quartal überwiegend zufrieden. Der Konjunkturklimaindikator für den Wirtschaftszweig stieg um einen Punkt auf einen Wert von 106 an. Ursächlich hierfür sind die verbesserten Rückmeldungen der Industriebetriebe zu ihrer aktuellen geschäftlichen Lage, während die Geschäftsaussichten wieder etwas zurückhaltender bewertet werden. So bezeichnen aktuell 31 Prozent der Industrieunternehmen ihre derzeitige Geschäftslage als gut. Mit 51 Prozent schätzt mehr als die Hälfte der Befragten die Situation zumindest als zufriedenstellend ein. Dagegen klagt mit 18 Prozent ein knappes Fünftel der Industriebetriebe über schlechte Geschäfte.

Am besten wird die Geschäftslage momentan von den Herstellern von Ge- und Verbrauchsgütern eingeschätzt (Saldo guter und schlechter Lagebewertungen: +41), die vom starken Binnenkonsum profitieren. Auch bei den Herstellern von Investitionsgütern überwiegen die Positivmeldungen noch sichtlich (Saldo: +14). Schwieriger stellt sich hingegen die Situation für die Erzeuger von Vorleistungsgütern dar; hier dominieren die negativen Rückmeldungen erkennbar (Saldo: -10). Insgesamt kann die Industriekonjunktur im Raum Braunschweig derzeit aber nach wie vor als solide bezeichnet werden. Allerdings zeigt ein Blick auf wichtige Kennzahlen, dass die Geschäfte der heimischen Industrie nicht überall wirklich rund laufen. So mussten mehr als 40 Prozent der befragten Industriebetriebe Einbußen bei ihren Umsätzen hinnehmen. Ebenso viele Unternehmen berichten von gesunkenen Erträgen. Und auch die Auftragseingänge sind bei einem knappen Drittel der Betriebe eingebrochen. Zäh verläuft dabei trotz günstiger Wechselkursbedingungen gerade der Auftragseingang aus dem Ausland. Hier macht sich die insgesamt mäßige weltwirtschaftliche Dynamik mit schwächerer Nachfrage insbesondere aus China und anderen Schwellenländern wie Russland oder Brasilien bemerkbar.

Zwiegespalten blickt die regionale Industrie voraus auf die künftige Geschäftsentwicklung. Jeweils 30 Prozent der Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine geschäftliche Aufhellung bzw. eine Eintrübung; 40 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Geschäftslage aus. Im Vergleich zum Vorquartal haben sich die Geschäftsaussichten für die Industrie damit nur geringfügig verschlechtert. Angesichts der anhaltenden Ungewissheit über die Auswirkungen der VW-Abgasaffäre ist dies ein bemerkenswert positives Ergebnis.

»Großhandel solide aufgestellt«

Im Großhandel ist der Konjunkturklimaindikator im Frühjahr auf einen Wert von 114 angestiegen. Allerdings basiert dieser Anstieg allein auf den deutlich verbesserten Prognosen zur Geschäftsentwicklung im weiteren Jahresverlauf. Hingegen hat sich die aktuelle Geschäftslage verglichen mit dem Vorquartal wieder etwas eingetrübt. Derzeit berichtet eine knappe Mehrheit der Befragten von nachlassender Geschäftsdynamik. So bewerten 27 Prozent der Großhändler ihre Geschäftslage als gut. 29 Prozent erachten sie demgegenüber als schlecht. Dennoch scheint der regionale Großhandel im Allgemeinen solide aufgestellt. So konnten per Saldo Lagerbestände abgebaut und angemessene Erträge generiert werden. Auch die Investitions- und Beschäftigungsplanungen des Großhandels erweisen sich als stabil.

»Einzelhandel erwartet deutliche Geschäftsbelebung«

Der Konjunkturklimaindikator für den Einzelhandel setzte seinen bereits im Vorquartal begonnenen Sinkflug im Frühjahr fort. Er gab um weitere 5 Punkte nach und erreichte nur noch einen Stand von 91. Diese Entwicklung resultiert aus den deutlich verschlechterten Lagebeurteilungen der befragten Einzelhändler, von denen fast ein Drittel die geschäftliche Lage als schlecht bewertet. Gut zwei Drittel bezeichnen sie immerhin als befriedigend. Positivmeldungen über gute Geschäftsverläufe blieben im ersten Quartal allerdings komplett aus. Ein Grund für die rückläufigen Lagebeurteilungen dürfte in der lang anhaltenden milden Witterung liegen, die die Nachfrage nach wärmender Bekleidung oder sonstigen winterlichen Artikeln minderte. Zudem macht der Onlinehandel dem stationären Handel weiterhin Umsätze abspenstig. Auch das Verkaufsflächenwachstum auf der „grünen Wiese“ und die mitunter eingeschränkte Erreichbarkeit innerstädtischer Handelsstandorte setzen Teile des stationären Einzelhandels unter Druck. Sorgen bereitet den Einzelhändlern – insbesondere im ländlichen Raum – darüber hinaus das mit der demographischen Entwicklung schwindende Kundenpotenzial. Trotz all dieser Schwierigkeiten erwarten die Einzelhändler für den weiteren Jahresverlauf wieder eine deutliche Geschäftsbelebung, zumal die generellen Rahmenbedingungen für den Konsum nach wie vor positiv ausfallen.

»Stimmung der Dienstleister weiter positiv«

Das außerordentlich hohe Niveau des Vorquartals konnte der Konjunkturklimaindikator für das Dienstleistungsgewerbe im Frühjahr nicht halten. Er fiel um 12 Punkte auf einen immer noch ansehnlichen Wert von 124 zurück. Auch wenn sich die zuvor ausgesprochen positiven Lagebewertungen im ersten Quartal sichtlich abgekühlt haben, ist die Stimmung unter den Dienstleistern weiterhin positiv. Zurzeit freut sich jeder zweite Dienstleister über gut gehende Geschäfte und weitere 43 Prozent erachten ihre Situation als befriedigend. Lediglich 7 Prozent vermelden einen schlechten Geschäftsverlauf. Damit nimmt der Dienstleistungssektor wie schon in den Vorquartalen die Spitzenposition unter den betrachteten Wirtschaftsbereichen ein. Bei der Vorausschau auf die Geschäftsentwicklung im weiteren Jahresverlauf gehen drei Viertel der Dienstleister von einer unveränderten Dynamik aus. 16 Prozent glauben an einen günstigeren Verlauf. Nur weniger als ein Zehntel rechnet mit einer Verschlechterung. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt beinahe jedes zweite Dienstleistungsunternehmen, seinen Personalbestand in den kommenden Monaten aufzustocken. Allerdings klagen zahlreiche Dienstleister, dass einem weiteren Beschäftigungsaufbau durch den bestehenden Mangel an qualifizierten Fachkräften Grenzen gesetzt sind.

»Niedrigzins und Bankenregulierung machen dem Kreditgewerbe zu schaffen«

Im regionalen Kreditgewerbe verharrte der Konjunkturklimaindikator unverändert auf einem Stand von 64 Punkten. Im Kreditgewerbe fallen die Bewertungen der Geschäftslage und der Geschäftsaussichten schon seit längerer Zeit weit auseinander. Den aktuellen Geschäftsverlauf bezeichnet ein Großteil der Banken trotz niedrigem Zinsniveau und fortschreitendem Margenverfall als zufriedenstellend, mehr als ein Fünftel sogar als gut. Der Ausblick auf die kommenden Monate ist jedoch nach wie vor von tiefgreifendem Pessimismus geprägt. Zwei Drittel der befragten Institute rechnen mit einem rückläufigen Geschäft. Dabei macht neben dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld auch die zunehmende Bankenregulierung insbesondere den kleineren Instituten schwer zu schaffen.


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