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Braunschweiger „Museumsstraßenbahn“ im neuen Einsatzgebiet

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Foto: Andreas Herr

Foto: Andreas Herr

Am Samstag, 31. Oktober 2015, fuhr der besonders markante DÜWAG GT6 mit der Nummer 7553 zum letzten Mal in Braunschweig – seinen Abschied machte er auf der Linie 2. Bereits im Spätsommer stand fest, dass sein Abschied vom Braunschweiger Straßenbahnnetz nicht zum Schrottplatz führen wird, sondern zum Schönberger Strand (bei Kiel), wo seit 40 Jahren eine Museumseisenbahn und seit 23 Jahren eine Museumsstraßenbahn betrieben wird. Die älteste Straßenbahn stammt aus dem Baujahr 1894 – die zwei Jüngsten waren bislang von 1957. Der Braunschweiger ist somit mit 41 Jahren der Jüngste.

Die Museumsstraßenbahn hat bereits historische Straßenbahnen aus Berlin, Hannover, Hamburg und Kiel im Einsatz und verfügt über zwei Spurweiten – nämlich die sogenannte Regelspur mit 1435 mm Spurweite sowie auch die “Braunschweiger Spurweite” von 1100mm. Letztere hatte außer Braunschweig früher auch Kiel und Lübeck. Diese besondere Spurweite führte letztendlich auch dazu, dass die in Braunschweig ausgedienten Straßenbahnwagen nicht weiter verkauft werden konnten und im Februar die letzte Reise nach Celle zum Schrottplatz antreten mussten.

Neben Braunschweig und der Museumsbahn am Schönberger Strand hat heute nur noch die Straßenbahn in Rio de Janeiro diese Spurweite. Rio hatte übrigens ebenfalls Interesse an den ausgemusterten, aber dennoch voll und ganz betriebsfähigen 75ér, 77ér und 81ér Wagen, aber die Transport- und Umbaukosten waren zu hoch (in Rio hätte u.a. eine Klimaanlage eingebaut werden müssen).

Zurück zum rosa-lila-violetten 7553. Seine Wagennummer verrät bereits sein Baujahr 1975. Bereits drei Tage nach seiner Außerdienststellung wurde der Wagen für die Reise zum Schönberger Strand verladen und am Tag seiner Ankunft dauerte es nur eine Stunde, bis der Stromabnehmer wieder angebaut wurde und die ersten Fahrten auf den neuen Heimatgleisen stattfinden konnten.

Dennoch musste der “Brauni”, wie er liebevoll von den Straßenbahnfans genannt wird, bis zum vergangenem Montag bei der Museumsbahn stehen bleiben, denn die Gleise mussten zuerst auf das moderne Radprofil des Braunschweigers angepasst werden und auch auf der Museumsbahn benötigen Straßenbahnwagen eine Zulassung.

Der 7553 wird im Braunschweiger Originalzustand erhalten bleiben. Zur Zeit wirbt er noch für die Braunschweiger Museen mit dem coolen Schriftzug “Alles Echt”.  Wenn in ein paar Jahren die Werbefolie nicht mehr schön aussieht, wird der Wagen weiß mit roter Bauchbinde – so wie er in Braunschweig gefahren ist, bevor er rosa-lila-violett wurde.

Am Ostersonntag wird um 11 Uhr die erste öffentliche Fahrt auf der Museumsbahn stattfinden. Danach ist der Brauni regelmäßig dort im Einsatz anzutreffen.  Da die Museumsbahn nur 500m vom Ostseestrand entfernt liegt, verbinden viele Besucher den Urlaub mit einer Straßenbahnfahrt und umgekehrt.

Übrigens gibt es noch eine Besonderheit: Der Ankauf und der teure Transport des Wagens war nur durch eine Spendenaktion möglich, wie es sie bislang noch nie gegeben hat. In der facebook Gruppe “Tram-aktuell Straßenbahnfreunde” (1.600 Mitglieder) machte sich ein Straßenbahnfan Gedanken um seine Lieblingswagen und bedauerte, dass alle, die durch die neuen Tramino ersetzt werden, in den Schrott müssen, weil es wegen der Spurweite keine Interessenten gibt.

So kam Andreas Herr spontan auf die Museumsbahn, bei der er jetzt schon seit 20 Jahren aktives Mitglied bin. Gespräche mit dem Vereinsvorstand führten zunächst zum eindeutigen Nein – mangels Geld und Platz. Eine sofort gestartete Spendenaktion führte dann zum Umdenken, denn binnen weniger Tage waren die ersten 2.500,- € auf dem Vereinskonto und es fehlten “nur” noch 5.000,- € für Kauf und Transport. Dieses Geld spendeten Vereinsmitglieder und Herr bekam das Ja, unter der Voraussetzung, dass der Wagen auch eingesetzt werden kann. Er erklärte mich sofort dazu bereit, die Gleise dementsprechend anzupassen.

Die Spendenaktion muss allerdings noch weiter laufen, denn auch der “Brauni” muss längerfristig betrachtet, in der Betriebsruhe unter Dach abgestellt werden können, damit er nicht vergammelt. Problem: Es muss eine weitere Halle gebaut werden, was mindestens 30.000,—€ kosten wird.

Auf der Webseite http://www.vvm-museumsbahn.de/ finden Sie mehr Infos zu den Museumsbahnen und auch ein Spendenkonto. Einen Film über den “Brauni”, finden Sie unter https://www.youtube.com/watch?v=yepavoWmF0I.


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