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Mit dem Wort Ostern ist im althochdeutschen »ōstarun« ein heidnisches Frühlingsfest verbunden. Im christlichen Sinne jedoch handelt es sich um das älteste christliche Fest, hervorgegangen aus der christlichen Umdeutung des jüdischen Passah. Es dauerte lange, bis sich das Osterfest allgemein durchgesetzt hatte, jedoch war es lange zuvor im Brauchtum etabliert. Auch in Niedersachsen und im Braunschweiger Land war es mit zahlreichen Bräuchen und Riten verbunden, die noch auf heidnischen Ursprung zurückgingen. So hat man die besondere Bedeutung des Wassers geachtet und zum Brauchtum genutzt, aber auch an dessen Schutz –und Heilkraft geglaubt: Daher hatte man die Pferde am Ostermorgen vor Sonnenaufgang in den Bach oder Teich geführt, um sie ein Jahr lang vor Krankheiten zu schützen.
Der bekannteste der überlieferten Osterbräuche hängt mit dem Osterwasser zusammen, denn das Wasser war Symbol für Leben und Fruchtbarkeit. Besonders wichtig war es für die Mädchen: wer sich mit Osterwasser gewaschen hatte, wurde bildschön und verlor seine Sommersprossen. Dieses Osterwasser mußte am Ostersonntag von einem jungen Mädchen aus einem fließenden Gewässer schweigend geschöpft werden. Wurde jedoch beim Schöpfen geredet, verlor das Osterwasser jegliche Heilkraft – war der Grund des Redens ein junger Mann, verwandelten sich Sommersprossen in Warzen. In Flaschen abgefüllt diente es als Arznei bei Mensch und Tier. Ein besonderer Osterwasser-Brauch war in Klein-Schöppenstedt das Wasser-Orakel. Fingerhut, Asche, ein Stück Brot und ein Gerstenkorn wurden in Osterwasser aufgekocht, und wenn zuerst der Fingerhut auftauchte, hatte man viel Freude zu erwarten, bei der Asche einen Todesfall, während das Brot eine Hochzeit und das Gerstenkorn eine reiche Ernte weissagten.
Auch das Schmücken der Brunnen mit ostereierverzierten Girlanden oder kleinen Ostereibäumchen war Ausdruck der Dankbarkeit für das lebensspendende Wasser. Reste dieses Brauches, jedoch sinnentleert, sind »wiedererstanden«, indem zunehmend Bäume und Sträucher in Vorgärten mit bunten Ostereiern geschmückt werden. Man kann dies aber auch als neuen Brauch unserer Zeit deuten, auch wenn das Färben der Eier in alte Zeiten zurückverweist. Sie entsprechen einem alten, schon im 4. Jahrhundert n.Chr. nachweisbaren Brauch. Demgegenüber erschien der Osterhase erstmals in dem Werk »Satyrae medicae« (1678) des Heidelberger Medizinprofessors Georg Franck von Franckenau und wurde hauptsächlich in der Neuzeit durch Spielwaren- und Süßwarenindustrie populär. Diesen allgemein in Deutschland üblichen Bräuchen standen stets auch regionale Eigenheiten gegenüber, die jedoch heutzutage weitgehend in Vergessenheit geraten sind.
Immer wieder spielte bei den Bräuchen zu Festtagen die Liebe eine Rolle und das Mißtrauen der Mädchen wegen der Treue ihrer Liebhaber. Daher prüfte man in der Osterwoche diese Treue, indem die Mädchen nachts den Küchentisch scheuern mußten. Erschien der Liebste durch den Kamin, war er treu gewesen – erschien er nicht: dann dürfte meist der Haussegen ins Wanken geraten sein. Also, wer einen Kamin in der Küche hat, kann an Ostern die Treue der Männer testen! Viele weitere Sitten, vom Osterspaziergang wie in Goethes »Faust«, über das Bemalen von Ostereiern bis zum Ballschlagen waren und sind noch in Stadt und Land Braunschweig bekannt. Der Osterspaziergang wurde meist ins Pawelsche Holz, nach Riddagshausen über den Nussberg oder in die Gärten vor den Toren der Stadt unternommen. Karl von Strombeck, der Chronist von Adel und Bürgertum im 19. Jahrhundert berichtet auch von Ausfahrten zu Ostern in Richtung Elm. Das wahre Ostergefühl (ôsterfoilje) aber bekamen junge Menschen – so die Überlieferung aus Braunschweig – beim Osterspaziergang ins nahe Holz, wenn beim gemeinsamen Sitzen auf den frisch geschlagenen Baumstämmen »gefühlt« wurde nach dem Motto »bet an de knie? is frie«!